Donnerstag, 28. April 2011

Zigaretten, intravenös.

Rauchen. Drogen. Scheisse. In letzter Zeit beschäftigen mich Drogen. Nicht, dass ich sie selber nehme. Nein, dazu bin ich zu neurotisch. Viel zu neurotisch. Dazu beigetragen hat unter anderem, neben meinen sensiblen Nerven, meinem sensiblen Charakter und ja, sowieso, dass mich mein Vater (extrem sensibler Kerl, ich liebe ihn trotzdem...) mit acht Jahren über den Needlepark in Zürich geschleift hat. Jep, schön war das! Ich verstand zwar damals nicht, was Drogensucht ist, fortan hatte ich jedoch Angst, drogenabhängig zu sein, ohne überhaupt zu wissen, was Drogen sind, bzw. bewirken.

Vorallem Heroin hats mir angetan. Mein grosses Interesse. Kokain und co. sind mir egal. Irgendwie langweilig. Ne, der Schuss direkt in die Venen weckt irgendwie mein Interesse. Und da fand ich auf Youtube auf so ne Achtteilige Doku zum Thema Black Tar Heroin. Vertickt wird dieses Zeugs hauptsächlich in San Francisco und Seattle. Grausam dieses Zeugs. Ist nämlich richtig dickflüssig und verstopft sprichwörtlich und richtig die Venen.

Ich rauche. Und während ich mir diese Doku reinzog (alle 20 Sekunden sieht man, wie irgendein kaputter Junkie einem anderen kaputten Junkie in den Hals sticht- die anderen Venen sind schon zu verstopft), wurde mir klar, dass ich mir auch Drogen steche. Einfach nicht Heroin, intravenös, sondern brennende Glühstengel direkt in den Mund, was ja eigentlich noch ekliger ist, wenn man sich das mal ganz realistisch überlegt.

Gut, dachte ich mir. Dann gehe ich mal auf Entzug! Mal schauen, ob ich stärker bin als die kaputten Junkies in Seattle und San Francisco. Und zwar so richtig: statt Methadon nehme ich einfach die hübschen Pflaster. Drauf steht gecshrieben: für Leute, die normalerweise 20 Zigis pro Tag rauchen (24h Pflaster). Ich fand das alles so cool, dass ich es wiedermal nicht abwarten konnte, meine persönliche Doku mitzuerleben, dass ich mir meine erste Nikotinration gleich ab Abend verpasste! Resultat: Ich verbrachte eine ganze Nacht mit REM-Träumen (narratives, unrealistisches Träumen), im Gegensatz zu NREM (narratives, realistischen Träumen). Um 5 Uhr morgens bildete ich mir dann ein, dass der Fernseher zu mir sprach (übrigens: es war eine männliche Stimme, womit ich bewiesen habe, dass Fernseher Männer sind)! Ich dachte schon, ich sei schizophren geworden (ob im Traum oder im Wachzustand, weiss ich nicht)! Das Pflaster wurde abgerissen. Ich schlief ein.

Die nächsten Tage waren ganz okay. Ich war ja auch in Spanien bei meinen Eltern und Tapetenwechsel soll für einen Entzug ja gut sein, da die 'normalen' Umgebungsstimuli, die den Drogenkonsum triggern, erstmal weg sind.

Nach 7 Tagen drogenfrei sass ich auf dem Flugzeug zurück nach London. Ich hatte keine Nikotinpflaster mehr. Fuck. Ich merkte, dass ich in Panik geriet und kaufte mir eine Packung Gummibären. Scheiss Bären halfen aber auch nichts (ausserdem hatte die Packung, wie ich zu meinem Schrecken las, 800 Kalorien!!!). In Luton angekommen tigerte ich dann durch den Flughafen nach einem Dealer. Keine Apotheke weit und breit. Scheisse. Ich rannte zu Starbucks, zwängelte mich zur Kassiererin und fragte sie mit zitternder Stimme: Wwwwwwhhhhhere is the next Pharmacy? Ganz erschreckt, ich hatte meine Energie auf die arme Frau übertragen, sie zurück: “Upstairs, but you can't access uppppstairs, if you don't have a Boardingpass!”. (Sie dachte wahrscheinlich, ich sei Diabetikerin und brauche Insulin oder so.... kaputt!).

Gut: einzige Lösung, nach Hause fahren, da gibts eine Apotheke. In Tufnell Park abgekommen, lief ich auf die Apotheke zu. Das Gitter war schon unten. Nur noch ein kleiner Spalt war offen. Ich bückte mich und klopfte (wie ein richtiger Junkie beim Dealer anklopft...) an der Scheibe. Die Inderin kam und schüttelte den Kopf. Ich wusste, ich musste mich outen, mich blamieren, um meinem Schuss zu kriegen. Also rief ich durch die Scheibe: “Pleeeease, I need a Nicotin Patch, otherwise I will start smoking again!”. Erbarmen. Sie öffnete die Tür zum Nikotinhimmel. Puh, geschafft! Inder, ich liebe sie einfach! Geld wurde über die legale Theme geschoben und ich bekam meine Ration.

Ich schaffte noch den kurzen, unerträglichen Weg durch die brennende Frühlingshitze (waren wohl eher die Entzugserscheinungen....?) und packte zu Hause das Pflaster aus und, pappte es mir - ganz stereotyp – gleich auf meinen Unterarm über die fette blaue Vene. Fuck, I am a Junkie!

P.S. Deepak Chopra, einer meiner lieblings New Age Gurus meint übrigens, dass Drogen, neben all dem Kack, den sie anstellen, auch etwas positives haben: sie repräsentieren den Wunsch nach mehr. Nach einer transzendentalen Erfahrung, in which you identify less with your thoughforms, your body etc. So quasi, ein abgefuckter Schritt to break free, but cause it's the wrong one, you end up in a state of worst past-consitioning! Und Karma wird ja bekanntlich definiert als 'past conditioning'.

Donnerstag, 21. April 2011

Erdbeertorten, Joseph Stalin und dicke ...

Ich sagts gleich auf den Punk(t): Wir sind doof. Das sag ich ja gut und gerne. Also gleich nochmal: wir sind behindert. Und jetzt nochmal: dämlich. d.ä.m.l.i.c.h. Immer müssen wir uns nämlich-dämlich vergleichen. Die ist schöner als wir, der hat einen dickeren Schwanz als ich (ja, ich spreche jetzt aus der männlichen Perspektive, nicht ich will nämlich einen dickeren Schwanz! Okay, ich würde wollen, dass mein Freund einen dickeren Schwanz hat, wenn ich einen hätte... Alex Klappe!) und drittens, in unserer gesellschaftlich konstruktivistischen Sprache brauchen wir ja immer ein “Drittes” (ich bin ja für ein viertes, weil ich immer noch mal was babbeln muss). Also, drittes: die isst gerade das letzte Stück Erdbeertorte, das ich mir eigentlich kaufen wollte! Eben, vergleichen. Wir, oder besser gesagt, unser Geist (engl. “mind”- Anm. am Rande: gutes Lied “Where is my mind” von den Pixies) vergleicht p.e.r.m.a.n.e.n.t.!

Die wissenschaftlich psychologische Erklärung für unser stetiges Vergleichen nennt sich die “Similarity Hypothesis”: dass wir uns mit Menschen vergleichen, die uns sehr ähnlich sind, aber gerade ein bisschen besser. Das aber nur, wenn wir in irgendwas gut sind. Wenn wir aber in was scheisse sind, dann vergleichen wir uns mit jemadem, der noch dämlicher ist, oder dem es noch beschissener geht. Verstanden? Nein? Dann einfach nochmal lesen...

Da kommt mir grad diese eine Freundin von mir in den Sinn: schwarzer Humor und so und immer etwas zu nahe am 'aus dem Fenster springen'. Einen sechsteiligen DVD über meinen (damals) Lieblingsdiktator hatte ich mir gekauft. Jawoll: Joseph Stalin! Voller Stolz rief ich dieser – auch Geschichts Geek Freundin - an (ich muss ja immer alles gleich sagen, ganz schnell... Charakterfehler nennt meine Mutter das) und erzählte ihr von meinem Kauf. Trockene Antwort der Tussi: “Geil, Alex, willst dir wohl sechs Stunden lang das Schicksal von sechzig Millionen Menschen reinziehen, denen es noch beschissener geht als dir!”.

Warum ich das eigentlich alles schreibe: auf meinem Flug nach Marbella gestern sass ich eingepfercht sitzend in der sechsten Reihe Easyjet und lerne ich natuerlich wiedermal (was für ein Zufall...) eine Sexologin kennen. 65, aufgespritzte Lippen, sieht aus wie 45 und schreibt gerade ein Buch über Sex bei alten Menschen. Warum gerade sie ein Buch über Sex für alte Menschen schreibt, wo sie doch aussieht wie 45 und angeblich nur Männer unter 35 fickt, weiss ich nicht und will ich nicht wissen.

Am Ende unseres philosophischen Gesprächs, ich hatte sie über die vier Masturbationstypen aufgeklärt, sie mich über ihre wertvollen Erfahrungen mit Männern, kamen wir zum tiefgründigen (für dich Leser, komplett NICHT zum Thema Masturbation und Männer passenden Thema – ja, ich rede und schreibe immer unzusammenhängend!) Schluss, bzw. ich (ego!!!!) kam zum Schluss, dass “most people want you to be just the same as them. Just a lil' bit less happy (and maybe a lil' bit less beautiful, skinny, rich etc.).

Und jetzt nochmal: wir sind so doof! Denn: glücklich macht uns das doch nicht! Es befriedigt zwar unser Ego für einen Bruchteil einer Sekunde, doch es gibt sowieso immer jemaden der besser und schöner ist. Also ist dieses prä-evolutionaeres Affengetue doch eh energie- und zeitverschwendung! Und da muss ich ganz ehrlich sagen: da fress ich lieber in dieser Zeit glücklich lächelnd eine Erdbeertorte, denke an meinen zukünftigen dicken Penis und betrachte den Himmel!

(Shit, mein Ego vergleicht sich jetzt gerade mit denen, die sich lieber vergleichen und fühlt sich sooooo viel besser, dass es eben nicht vergleicht. Got ya! Gleich mal wieder in die Egofalle gefallen Alex!)

Dienstag, 19. April 2011

Kacke auf's Papier

Heute war ich in der Klapse. Nein. Nicht so. Seit drei Monaten mache ich Volunteer work als möchtegern Psychologin. Und ich liebe es! Ja, die Leute da sind verrückt. Aber ganz ehrlich, und zu dem Schluss bin ich schon nach meinem ersten aufeinandertreffen mit “really mad” Insassen (so die Amerikanerin an der Rezeption zu mir, als ich die nach dem geilen Typen fragte, der aussieht wie ein Rockstar aus einem englischen indie Musikvideo), gekommen: abergesehen davon, dass diese Leute sich ab und zu den Augapfel mit blossen Händen rausreissen oder ihre Katze mit einem Kacktus erschlagen, sind die eigentlich nicht viel anders als die meisten meiner Freunde: rebellisch und durchgeknallt und einfach liebenswert unlangweilig.

Nachdem ich also mit zwei Patientinnen, eine schneidet sich ab und zu die Arme auf, die andere behauptet, sie hätte in paar Problemchen mit ihren Nachbarn (???), Yoga und Meditationsübungen gemacht hatte, stand plötzlich diese Schwarze mit einem fetten Afro vor mir. “I need some Yoga now!”. Ich schaute auf meine Uhr und meinte: “Gut, 15 Minuten hab ich noch Zeit”. Meine Cutter Patientin wollte auch nochmal gleich ne Runde mitmachen, denn “Yoga is very important for me”, sagt sie immer mit sehr ernstem Ton und Blick.

Nach dem Yoga fragte ich dann die Schwarze, was sie denn beruflich mache. Antwort (stolz): “I am a full-time employee of the English National Health System! - They pay me all my life for being mad!" Sonst mache sie noch etwas Kunst. Ah, Künstlerin, dachte ich mir. Etwa die zehnte Künstlerin, Schriftstellerin und Modedesignerin, die ich hier kennenlerne. Gut, Genie und Wahnsinn sollen ja oft zusammentreffen, meinte jedenfalls dieser eine Lehrer an der Uni. Eben. Afro. Frau. Ob sie denn Ihre Stücke auch an denn Mann bringe, fragte ich sie. “Nein!” sagte sie vehement. Bestimmt nicht! Für weniger als eine Million würde sie keines dieser Stücke verkaufen.

Sie erzählte mir von einem Künstler Wettbewerb des NHS. Jeder hätte einen gratis Kasten Kreide bekommen und zehn Pfund. Die meisten hätten dann nur ein Bild gemalt, sie jedoch gleich sechs. So viel Scheisse aus ihrem Leben sei da raus aus dem Körper und der Seele aufs Papier gekommen! Dementsprechend seien es gleich sechs Bilder geworden.

Ich stand etwas verdutzt vor ihr. Ich verstand nicht. Leiden, Scheisse aufs Papier bringen und dann ist die Scheisse so viel Wert, dass man sie nicht loswerden möchte? Bitte? Das ist so als würde ich Kacken und meine Scheisse dann nicht runterspülen und mein Leben lang in der dampfenden Kacke sitzen, nur weil das rauspressen zu anstrengend war? What a Bullshit! Und genau desshalb, dachte ich mir, sitzt die Frau in der Klapse. Identification with past shit! Und dann klammert sich die gute auch noch mit aller Kraft an die Scheisse!

In dem Moment kamen mit die Worte Eckhart Tolle's in den Sinn: “This world is mad. And if you don't believe it, turn on your TV or read the news”. Denn wie ich sagte: meine Freunde und ich und auch die restliche Welt, wir sind auch nicht besser: komplett behindert! Denn, anstatt unseren Lebensabfall, unser Opferbewusstsein, unsere behinderten Gedanken und Emotionen und so unsere selbstgeschaffene Identität fallen zu lassen, krallen wir uns daran fest, sind stolz darauf und merken gar nicht, wie wir uns selber damit unglücklich machen. So, und jetzt mag ich nicht mehr schreiben. Auch wenn ich so mein Ego etwas, wie meine Freundin das immer nennt, verarsche und so meine Identitaet als schlechte Bloggerin in Frage stelle!

Was ich aber noch schreiben möchte, weich ich ja immer noch etwas sagen muss: wenigstens tun die Menschen in der Klapse nicht so als wären sie normal. So wie wir da 'draussen in der Freiheit'. Man, we are so mad!

Sonntag, 17. April 2011

Die achtjährige Philosophin

Ich war auf einem Date mit einem Kerl. So. Und wie wir Frauen sind, erzählen wir dann auch noch allen unseren Freunden von dem Mann, den Gesprächen, und und und. Und dann kommt das grosse interpretieren. Sau doof. Wir sind doch so verblödet. Nicht nur denken wir dadurch noch mehr an den Mann als wir sonst schön würden (was ohnehin total beschränkt ist). Nein, wir holen uns auch noch ein tausend, gar nicht kongruente Meinungen ein.
So meinte meine eine Unikollegin: “Meine Güte, der ist so verliebt in dich! Ihr werdet bestimmt heiraten!”. Die andere meinte: “Der ist jetzt aber ganz klar nichts für dich: du hast andere Prioritaeten in deinem Leben. Du brauchst einen Mann, der dich unterstützt, und nicht noch fünf Koffer an Problemen mitbringt! - schreib erstmals eine Liste mit allen positiven und negativen Aspekten dieses Kerls.” Gut, taten wir. Konklusion: 10 negativ Punkte, 3 positiv Punkte (darunter u.a. sein grosser Penis- zeigt der Kerl ja auch ganz offen auf einem retro Urlaubsfoto, in einem Teich stehend). Mit dieser Liste ging ich dann zu meiner Freundin, die in einer Bar in Kings Cross arbeitet. Die aber wollte gar nichts von so einer “Scheiss Liste” wissen: solche Listen bringen nicht's!, so die Barfreundin. Warum sie nichts bringen, verriet sie mir auch nicht. Sie musste zurück zur Arbeit. Eine andere Freundin wollte von der Sache schon mal gar nichts wissen. Doof fand sie den Typen aus meinen Erzählungen sowieso.
Voll behindert die ganze Sache. Ich jedenfalls habe anhand der letzten zwei turbulenten Nachdate Tage dennoch etwas wahrlich wichtiges gelernt: Fuck 'em all. Fuck all these opinions! Und gerade als ich das dachte, sass ich im Bus nach Hause und da sass sie- im Bus vor mir-: die einzige Frau, die in den letzten zwei Tagen was wirklich guten, treffendes und ermutigendes gesagt hat: “You need to know for yourself who you are, what your goals are and who you wanna be”. Die junge Dame war etwa 8 Jahre alt und sagte es zu ihrer Mutter. Und da muss ich sagen, wenn das die neue spezies Frau in London ist, dann Hut ab und Cheers!
Ich jedefalls habe mir die Worte der kleinen Philosophin jetzt zu Herzen genommen und werde fortan auf mein eigenes Herz und meinen eigenen Kopf hören! Hehe

P.s. noch eine letzte opinion: Laut meiner Mitbewohnerin hätte ich gar nicht erst auf das Date gehen sollen!